Personal

von Martina Emmerich

AUS EXISTENZ 2022

Fotos:
Hotelfachschule Heidelberg


Weiterbildung ist wichtig: Speziell für Köche gibt es beispielsweise das Angebot der „Walter und Margarete Müller Stiftung“, die besonders die Weiterbildung zum Küchenmeister finanziell unterstützt.

Aus- und Weiterbildung

Den Nachwuchs fördern

Nach den ersten herausfordernden Jahren der Corona-Pandemie sind Personal und Fachkräfte in der sich belebenden Gastronomie gefragt wie nie. Umso bedeutender ist daher in Zeiten des Fachkräfte­mangels die Investition in gutes Personal. Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten können
Mitarbeiter anlocken und den eigenen Betrieb bereichern.

„Durch die veränderte Gästenachfrage und Wertschöpfung im Restaurantfach sowie in der Hotellerie bedarf es zunehmend Zusatzqualifikationen etwa im Hinblick auf Produkt-, Verkaufs- und Veranstaltungskompetenzen“, weiß Matthias Hertle, Pressesprecher der Bundesagentur für Arbeit. Damit könnten Gastronomen sowie Hoteliers Anforderungen in einem Arbeitsumfeld besser erfüllen, das zunehmend komplexer werde und in dem beispielsweise digitale Fähigkeiten verstärkt gefragt seien, ergänzt Hertle.

Gerade nach dem monatelangen Lockdown im Winter 2020/21 zeige sich, dass viele Menschen sich wieder etwas gönnen und sich beim Gastronomiebetrieb ihres Vertrauens kulinarisch verwöhnen lassen wollen. Jedoch fehlen im gastronomischen Bereich mehr Fachkräfte denn je, da sich viele während des Lockdowns neue Einkommensquellen gesucht hätten, weiß der Pressesprecher. Um neue Mitarbeiter zu gewinnen, sei es daher wichtig, in die Attraktivität der Branche zu investieren. Dies könne dem Experten der Arbeitsagentur zufolge beispielsweise durch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen geschehen – mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, einer attraktiven Bezahlung oder einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Berufsabschluss nachholen

Vor dem Hintergrund der Fachkräfteengpässe im Gastronomieservice und in der Systemgastronomie verfügen zudem viele Mitarbeiter in diesen Bereichen über keinen formalen Berufsabschluss und sind sogenannte „Quereinsteiger“ oder „Angelernte“. Eine Möglichkeit, Fachkräfteengpässe abzumildern, ist die Externen-Prüfung. Dort kann nachträglich ein formaler Berufsabschluss erworben werden, der den Zugang zu Aufstiegsweiterbildungen und die Aussicht auf einen höheren Verdienst bietet.

Christian Löffler, Studiendirektor und stellvertretender Schulleiter der Hotelfachschule Heidelberg/Fritz-Gabler-Schule, hebt zudem hervor, dass nach wie vor das sogenannte 4M-Motto entscheidend sei: „Man muss Menschen mögen.“ Gute Gastgeber sollten aber nicht nur das Wohl ihrer Gäste im Blick haben. Am Ende des Monats müssten auch die Zahlen stimmen, gibt Löffler zu bedenken. Deshalb benötige man kaufmännische Kompetenzen aus den Bereichen Beschaffung, Kosten- und Leistungsrechnung, Controlling, Buchhaltung und Marketing. Er weist ebenfalls darauf hin, dass es in vielen dieser Bereiche zu einer zunehmenden Digitalisierung wie zum Beispiel digitalen Kassensystemen oder IT-gestützter Buchhaltung komme. Auch diese Trends und deren Potenzial gelte es, insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels im Blick zu halten.

Digitale Technologien und Weiterbildung

Die Corona-Pandemie zeigt, wie wichtig gerade auch in der Gastronomie-Branche der technische Fortschritt ist. Daher machten sich viele Fach- und Führungskräfte während des Lockdowns mit dem Einsatz neuer Technologien vertraut oder setzten sich mit entsprechenden Investitionsentscheidungen auseinander. So konnte Kerstin Junghans, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin Deutscher Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Hessen, seit Beginn der Pandemie eine steigende Nachfrage nach Kursen im Bereich Digitalisierung feststellen: „Unsere Welt ist virtueller geworden und das Virus hat die Akzeptanz aller Bevölkerungsgruppen in Bezug auf QR-Codes & Co mit sich gebracht. Insofern war der Run auf jegliche Webinare zu Social Media oder der ,digitalen Speisekarte‘ zu verzeichnen.“

Bei der Deutschen Hotelakademie (DHA) waren betriebswirtschaftliche Weiterbildungen besonders beliebt, aber auch spezifischere Qualifikationen, wie beispielsweise der Vegan-geschulte Koch, haben nach Angaben der Akademie ebenfalls enormen Zuwachs erfahren. Einen Fokus habe die Deutsche Hotelakademie schon immer auf digitale Wissensvermittlung gesetzt, betont Akademieleiterin Bettina Maas. Man entwickle die digitalen Lernmethoden kontinuierlich weiter und sehe auch in Zukunft großes Potenzial in der Möglichkeit, ortsunabhängig zu lernen und sich weiterzubilden. Das liege nicht zuletzt an den zahlreichen Vorteilen der Online-Kurse: Sie sparten Reisezeit wie auch Kosten und seien praktisch, wenn es darum ginge, sich notwendiges und erforderliches Wissen anzueignen, weiß Maas.

Anders verhalte es sich hingegen bei Workshops. „Hier ist davon auszugehen, dass das Bedürfnis nach dem persönlichen Austausch wieder überwiegen wird, da kreative Ideen und Innovationen oft im Kontext von ,echten‘ Gesprächen bei der Tasse Kaffee entstehen“, vermutet Kerstin Junghans. Neben den digitalen Weiterbildungsmöglichkeiten sollten sich Gastronomen überdies auch selbst mit den digitalen Technologien, Verfahren oder Systemen wie mobilem Payment, Service-Portalen und -Apps oder Wearable Technology – intelligenten elektronischen Geräten, die nahe oder auf der Hautoberfläche getragen werden, wo sie Informationen über die Haut erkennen, analysieren und übertragen – befassen sowie sich und ihr Personal zu diesen weiterbilden. Für Informationen zu Trends und Perspektiven sowie den daraus folgenden Hinweisen für die berufliche Weiterbildung dient als zentrale Informationsquelle das Tool Berufnet der Bundesagentur für Arbeit.

Gute Zukunftsaussichten

Nach wie vor unerlässlich für den Existenzgründer sind betriebswirtschaftliche Kompetenzen in den Bereichen Kostenkalkulation und deutsches Steuer- sowie Arbeitsrecht. „Ganz besonders wichtig sind die Themen Revenue Management und digitale Lösungen. Gastronomen und Hoteliers müssen mehr als je zuvor mit einer flexiblen und gut durchdachten Preisstrategie den stetig wechselnden Anforderungen des Marktes entgegentreten“, sagt Bettina Maas. Auch sollten sie die richtigen Softwarelösungen für sich finden und souverän damit umgehen können, um ihr Geschäftsleben künftig zu erleichtern, empfiehlt die Akademieleiterin. Dabei orientiert sich der Bedarf aber auch immer an den persönlichen Interessen und Situationen der Weiterbildungsteilnehmer.

Janna Wagner, Interessierten- und Studierendenberatung im Fachbereich Tourismus & Hospitality beim IST-Studien­institut, empfiehlt die Weiterbildung zum Gastronomiebetriebswirt, wenn man den Schritt in die Selbstständigkeit gehen möchte: „Köche, Restaurantfachleute, Hotelfachleute, Servicemitarbeiter aus der Gastronomie, aber auch Quereinsteiger werden mit dieser Weiterbildung gezielt auf Anforderungen und Führungsaufgaben in der Gastronomie vorbereitet.“ Darüber hinaus bietet der Lehrgang Wagner zufolge Existenzgründern von der Kundenbindung über das Personal- bis hin zum Eventmanagement, Marketing und dem Einsatz von Warenwirtschaftssystemen ein sehr gutes Fundament für die Gründung eines eigenen Cafés oder Restaurants.

Eine weitere Möglichkeit ist die Weiterbildung zum Fachwirt im Gastgewerbe. „Dort werden zusätzlich zu betriebswirtschaftlichen Inhalten auch Themen wie Unternehmensführung und Rechnungswesen vermittelt, die um fachspezifische Inhalte aus dem Gastgewerbe, wie die Bereiche Gästeorientierung, Marketing oder auch branchenspezifisches Recht, ergänzt werden“, erläutert Janna Wagner. Sie hebt zudem den neu aufgelegten, kürzeren Weiterbildungslehrgang „Gesundheit und Nachhaltigkeit in der Gastronomie“ hervor, der neben Input zu nachhaltigem Leadership, Wertschöpfungsketten und Ernährungspsychologie auch Know-how zu saisonalen und regionalen Produkten sowie zu verschiedenen Ernährungsformen liefert. Angesprochen werden damit alle Mitarbeiter aus dem Gastgewerbe, die sich auf dieses Thema spezialisieren oder vielleicht sogar selbstständig machen möchten.

Förderprogramme nutzen

Bestimmte Personengruppen wie zum Beispiel Soldaten, Zivildienstleistende und Personen, die durch die Bundesagentur gefördert werden, können für ihre Weiterbildung eine finanzielle Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit in Anspruch nehmen. Eine weitere Möglichkeit der Förderung ist das sogenannte Aufstiegs-Bafög, das von allen Studierenden einer IHK-Fachwirt-Weiterbildung beantragt werden kann. Darüber hinaus vergibt die Bundesagentur für Arbeit Bildungsgutscheine und Förderungen auf Basis des Qualifizierungsschutzgesetzes an Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Des Weiteren stehen Bildungsprämien oder bundeslandspezifische Förderprogramme zur Verfügung. „Speziell für Köche gibt es zum Beispiel das Angebot der „Walter und Margarete Müller Stiftung“, welche insbesondere die Weiterbildung zum Küchenmeister finanziell unterstützt“, nennt Christian Löffler ein weiteres Förderprogramm.

Die verschiedenen Weiterbildungseinrichtungen wie beispielsweise die Deutsche Hotelakademie oder das IST-Studieninstitut bieten zudem Interessierten Beratungen an, damit die richtige Förderung gefunden werden kann. Eine Dehoga-Mitgliedschaft reicht überdies oft aus, um kostengünstig an zeitgemäßen, zielführenden sowie branchenspezifischen Weiterbildungsangeboten teilzunehmen. Aber auch die Kammern und Wirtschaftsverbände bieten ein breites Portfolio an. (me)