Technik & Ausstattung

von Barbara Schindler

aus VerpflegungsManagement 09-2021

Foto oben:
Unsplash/Rod Long


Foto: H44Team

„Wir können heute mit von intelligenten Sensoren bedarfsgerecht gesteuerten Systemen sehr viel effizientere Anlagen konfigurieren“, sagt Alexander Hofer, FCSI.


Foto: Profi-Tabel Resultants

Christian Meissner, Fachplaner und FCSI-Mitglied, erklärt: „Der Stützstrahl ist entscheidend für eine optimal funktionierende Zu- und Abluft. Wir planen ihn grundsätzlich bei jedem thermischen Gerät oder Bereichen der Lüftung mit ein.“


Foto: SAM Next

„Wer in weniger Geräten länger kocht, benötigt kleinere Lüftungsanlagen“, weiß Fachplaner Thomas Mertens, FCSI.


Foto: Cucina Plan Consult

Fachplaner Ruven Eichert erläutert: „Je weniger Volumenstrom durch das System gepresst und zuvor konditioniert werden muss, desto niedriger ist der Energieaufwand für die Be- und Entlüftung der Küchen­bereiche.“


Intelligente Lüftungssysteme

Luft nach oben

Gute Luftqualität ist ein wichtiger Faktor im betrieblichen Gesundheitsschutz. Großküchenplaner und Hersteller verraten, welche Aspekte es bei der Installation von Lüftungsanlagen in Küchen zu beachten gilt, damit an den Arbeitsplätzen ein gesundes Klima herrscht und die Systeme effizient arbeiten.

Studien legen nahe, dass Köche ein überdurchschnittlich hohes Risiko haben, zu erkranken. Schuld sind unter anderem schädliche Partikel in Wrasen wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Dämpfe und Fett-Aerosole, die beim Garen von Lebensmitteln in die Umgebungsluft abgegeben werden. Die Küchenlüftungsnorm DIN EN 16282 schreibt deshalb vor, dass Gerüche, luftfremde Stoffe und Feuchtigkeit so abgeführt werden müssen, dass die Raumluftqualität nicht negativ beeinflusst wird. Sie gilt für Lüftungsanlagen in gewerblich genutzten Küchen mit einer Gesamtanschlussleistung von mehr als 25 Kilowatt sowie für dazugehörige Bereiche und andere Installationen in der Lebensmittelverarbeitung, die für den gewerblichen Gebrauch bestimmt sind. Auch die Richtlinie 2052 des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) gibt Hinweise zur lufttechnischen Behandlung von gewerblichen Küchen sowie zur Dimensionierung und zum Aufbau raumlufttechnischer Anlagen.
Allerdings sind die Luftströmungsverhältnisse in einer Abzugshaube sehr komplex, daher gibt es unterschiedliche Lüftungsmethoden. So hat der schwäbische Hauben- und Deckenproduzent Rentschler Reven bei der Untersuchung zahlreicher Großküchen festgestellt, dass das Saugen allein nicht genüge. Es seien zusätzliche Impulse wie beispielsweise ein Stützstrahl notwendig, der die aufsteigende Abluft anzieht. „Dadurch gibt es keine Totzonen, die Kochdämpfe werden restlos erfasst und zu den Abscheidern getrieben“, erklärt Vitali Lai, Vertriebschef bei Rentschler Reven. Mit seiner Temperatur von etwa 20 bis 25 Grad, die deutlich unter der Wrasen-Temperatur mit etwa 80 Grad liegt, sorgt der Stützstrahl außerdem dafür, dass die Kondensation der Kochdämpfe im Abscheider stattfindet und nicht erst im Abluftkanal. Das hält den Kanal trocken und keimfrei und erhöht den vorbeugenden Brandschutz.

Foto: Rentschler Reven

Der Lüftungshauben- und Lüftungsdeckenhersteller Rentschler Reven setzt bei seinen Systemen neben dem Absaugen zusätzliche Impulse wie beispielsweise einen Stützstrahl ein, der die aufsteigende Abluft anzieht.

Vorausschauend planen

Doch nicht nur die Luftqualität spielt bei der Ablufttechnik eine Rolle. Häufig gerät die Lüftung als Kostenfaktor zum Streitpunkt zwischen Planern und Investoren. Küchenexperte Thomas Mertens, Professionelles Mitglied des Planer- und Beraterverbands FCSI und Inhaber des Planungs- und Beratungsbüros SAM Next, kennt die Interessenkonflikte während der Projektphase: „Alle an der Planung Beteiligten sollten langfristig denken: Ein gesunder Arbeitsplatz reduziert den überproportional hohen Krankenstand bei Küchenmitarbeitern deutlich. Es lohnt sich daher, nicht nur die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen, sondern für ein gutes Raumklima darüber hinaus zu gehen. Nicht nur jetzt, da sich die Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz dank hoher Nachfrage aussuchen können.“
Schließlich hilft eine unter Berücksichtigung der Auslegung nach VDI 2052 gut geplante Lüftung nicht nur, die Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen und damit Kosten einzusparen. Auch der Effizienzfaktor der Anlagen gehört in Zeiten des Klimawandels angesichts häufig knapper Raumverhältnisse und hohen Kostendrucks im laufenden Betrieb von Anfang an auf die Agenda. „Wer Kosten reduzieren will, muss zunächst mehr investieren, das gilt auch für Lüftung in Großküchen“, bestätigt Ruven Eichert, FCSI, Geschäftsführer des Planungsbüros Cucina Plan Consult. Durch den Einsatz einer bedarfsgerechten Lüftungssteuerung könne beispielsweise der tatsächliche Bedarf des Abluftventilators im Betrieb um bis zu 30 Prozent reduziert werden. „Das setzt aber voraus, dass sich der Bauherr mit dem Planer schon im Vorfeld über die Produktionszyklen in der Küche Gedanken macht, also wann wo was gekocht oder gespült wird, um so die notwendige Abluftleistung bedarfsgenau anzupassen“, fährt Eichert fort.

Betriebskosten senken

Kombiniere man das mit dem Einsatz der Stützstrahltechnologie, könne bereits bei der Auslegung nach VDI 2052 die rechnerische Abluftmenge um rund zehn Prozent reduziert werden. „Diese Maßnahmen wirken sich nicht nur positiv auf die zukünftigen Betriebskosten im Bereich der Abluft aus, sondern haben auch einen direkten Einfluss auf die Zulufteinbringung“, erklärt der Planer. Je weniger Volumenstrom durch das System gepresst und zuvor konditioniert werde, desto niedriger sei der Energieaufwand für die Be- und Entlüftung des Küchenbereichs. Durch den Einsatz der Stützstrahltechnologie könne beispielsweise das Abluftaggregat schon bis zu zehn Prozent kleiner ausfallen.
Planer Christian Meissner, FCSI, Geschäftsführer bei Profi-Tabel Resultants, empfiehlt die Technologie ebenfalls: „Der Stützstrahl ist entscheidend für eine optimal funktionierende Zu- und Abluft. Wir planen ihn grundsätzlich bei jedem thermischen Gerät oder Bereichen der Lüftung mit ein, um die physikalischen Kräfte und Thermik zu nutzen. Wir benötigen damit weniger Luftmengen.“ Meissner favorisiert außerdem bodennahe Zuluftströme, die für eine effizientere Abluft sorgen: „Leider gibt es hierbei oft Hygienebedenken“, bedauert der Planer. Die frühzeitige Planung der Lüftung rechne sich bei Großküchenprojekten mittelfristig immer, sind die Experten des FCSI überzeugt.

Foto: Halton

Die Halton Group bietet ihr bedarfsgesteuertes Lüftungssystem Halton Marvel auch als abonnierbaren Service an.

Intelligente Sensoren

Für Alexander Hofer, FCSI, Geschäftsführer H44Team in Kaltern/Südtirol, gehört die Planung ausreichend großer Lüftungskanäle in neuen oder bestehenden Gebäuden zu den größten Herausforderungen, da häufig der Platz für eine ausreichend dimensionierte Lüftung fehle. Eine mögliche Lösung liege in moderner Sensortechnologie: „Wir können heute mit von intelligenten Sensoren bedarfsgerecht gesteuerten Systemen sehr viel effizientere Anlagen konfigurieren“, berichtet Hofer. Dabei wird die Küche in verschiedene Zonen aufgeteilt, in denen Sensoren erkennen, ob gerade gekocht wird oder nicht. Sind in einer Zone zu einem Zeitpunkt keine thermischen Geräte im Einsatz, fährt die Lüftung dort automatisch herunter oder verlagert die Luftströme in diejenigen Zonen, in denen in diesem Moment die meiste Abluft entsteht.
„Wird in einem Lüftungssystem die zugeführte Außenluft konstant auf eine für die Mitarbeiter angenehme Temperatur erwärmt oder heruntergekühlt, frisst das jede Menge Energie“, erklärt Hofer. Er ergänzt: „Deswegen ist es immer von Vorteil, wenn möglichst wenig Luft im Umlauf ist.“ Für die bedarfsgerechte Lüftung müsse die Lüftungsdecke allerdings passgenau auf die Kücheneinrichtung und die individuellen Kochprozesse abgestimmt sein, sagt Hofer. „In Care-Küchen wird oft weniger fettig und durch Dämpfen und Langzeitgaren in geschlossenen Druckbehältern häufig emissionsärmer gekocht. Dann benötigt man auch weniger Lüftungskapazitäten.“
Thomas Mertens rät, schon in der Projektierungsphase Überkapazitäten zu vermeiden: „Sicherheitsreserven von zehn bis 30 Prozent kann man getrost außen vorlassen oder so gering wie möglich halten.“ Stattdessen sollten die thermische Ausstattung der Küche und die Prozessplanung bezüglich des Lüftungsbedarfs überprüft werden: „Wer in weniger Geräten länger kocht, benötigt kleinere Lüftungsanlagen“, kommentiert Mertens.

Lüften per Abo

Die Halton Group gilt mit ihrem bedarfsgesteuerten Lüftungssystem Halton Marvel als Pionier bei der Entwicklung führender Lüftungstechnologien. Die hochmoderne Steuerungsplattform mit bedarfsgesteuerter Lüftung als Hauptmerkmal passt die Abluftmengen der Küchen in Echtzeit je nach Status der Kochgeräte an. Wenn nur eine Kochzone in Betrieb ist, wird lediglich der für diese Zone erforderliche Luftstrom automatisch angepasst. Die anderen Zonen arbeiten weiterhin mit einer geringen Durchflussrate. Dabei kann eine Zone so klein wie ein Haubenabschnitt sein. Jetzt offeriert das Unternehmen das System auch als abonnierbaren Service. Das Komplettpaket Halton Marvel as a Service (MaaS) bietet gegen eine monatliche Nutzungsgebühr auch einen Care-Wartungsdienst und einen digitalen Connect-Service mit 24/7-Fernüberwachung und Datenanalyse.
Der größte Vorteil für gewerbliche Küchen, in denen laut Hersteller der auf die Fläche umgerechnete Energieverbrauch rund 2,5-mal höher ist als in anderen geschäftlich genutzten Räumen, ist eine erhebliche Reduzierung von Energiekosten. Von diesen würden in der Regel etwa 30 Prozent auf Heizung, Lüftung und Klimaanlage entfallen. „Halton Marvel ist das modernste bedarfsgesteuerte Lüftungssystem auf dem Markt und wurde speziell für gewerbliche Küchen entwickelt“, erklärt Georges Gaspar, Direktor von Halton Foodservice. „Das System passt die Lüftung mit Hilfe moderner Sensoren und künstlicher Intelligenz automatisch optimal an die Kochtätigkeit an und spart dadurch je nach Größe und Tätigkeit bis zu 50 Prozent Energie.“

Stufenlos anpassen

Renschler Reven empfiehlt zur Vermeidung eines unnötig hohen Energieverbrauchs die Regelautomatik RSC, deren Mikroprozessor die Drehzahl der Zu- und Abluftventilatoren stufenlos der Kochintensität anpasst und eine zonenweise Lüftung erlaubt. Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren messen hierbei die Wrasendichte, die Regelung fährt entsprechend die Absaugleistung hoch oder herunter. Hat die Küche mehrere Kochzonen, wird jede Zone separat geregelt. „Das verlängert auch die Standzeit der Fettabscheider und ist zugleich ein Beitrag zur Digitalisierung der Küche“, unterstreicht Vitali Lai.
Per BACnet IP oder Modbus IP ist die Anbindung der Lüftungsanlage an eine Gebäudeleittechnik möglich. Lai rechnet ein Beispiel vor: „Die Zentralküche eines süddeutschen Einkaufszentrums verfügt über eine Lüftungsanlage mit 20.000 Kubikmeter/Stunde Luftleistung, die Energiekosten von 60.000 Euro pro Jahr verursacht. Eine bedarfsgerechte Lüftungssteuerung der einzelnen Kochzonen würde die Kosten glatt halbieren, also jährlich rund 30.000 Euro einsparen.“
Die GIF Lüftungsdecke des Herstellers GIF Active-Vent punktet als flächenaktive Komplettlösung von Wand zu Wand inklusive großflächiger Ab- und Zuluftfelder, Beleuchtung und Ausgleichsflächen mit einer Aufbauhöhe von lediglich 200 Millimetern. Die Verwendung des Deckenhohlraums als Druckkammer gemäß VDI 2052 ermöglicht die Realisierung als „offenes“ und „geschlossenes“ System, wobei immer größtmögliche Anteile an lufttechnisch aktiven Flächen verbleiben. Die somit großflächige Erfassung von Brat-, Koch- und sonstigen Dämpfen sowie eine großflächige, turbulenzarme Zulufteinbringung garantieren ein „Wohlfühlklima“ ohne Kondensation und Zugerscheinungen. Das einzigartige Modulsystem biete höchste Transparenz und Hygiene durch einen voll reversib­len Aufbau, betont der Hersteller. Das Herzstück sind die Aktivkassetten: Sie dienen abluftseitig als Aerosolabscheider gemäß VDI 2052 und EN 16282 und bilden ein großflächiges Abluftfeld.

Effizient mit Digitalisierung

Thomas Mertens sieht in der Digitalisierung und Datennutzung einen großen Fortschritt für die Effizienz von Lüftungssystemen. Und nicht nur das: Auch die Steuerung von Bewegungsmustern über eine Kombination aus Boden- und Lüftungssensorik biete interessante Möglichkeiten. „Die Daten verraten mir: Wo laufen die Leute? Wo arbeiten sie? Möchte ich, dass sie dort laufen oder arbeiten? Dank der Sensoren kann ich das Verhalten meiner Mitarbeiter beeinflussen, indem ich beispielsweise einen bestimmten Arbeitsplatz durch Luftzufuhr attraktiv oder auch unattraktiv mache“, schlägt Mertens vor.
Weitere Einsparpotenziale bei den Heizkosten und CO2-Emissionen ergeben sich durch die Nutzung von Wärmerückgewinnungsanlagen, die ab einem Volumen von 4.000 Kubikmetern Luftstrom pro Stunde ohnehin vom Gebäudeenergiegesetz (bisher EnEV) vorgeschrieben sind. Sie nutzen effektiv thermische Energie, die sonst verloren gehen würde. Das verhältnismäßig hohe Temperaturniveau der Abluft und die freigesetzten internen Wärmelasten machen eine Wärmerückgewinnung bei der Küchenabluft sinnvoll und sorgen bei entsprechenden Betriebsstunden für kurze Amortisationszeiten.

Stromfresser vermeiden

Auch der in die Lüftungsanlagen integrierten Beleuchtung komme eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu: „Sie ist ein bedeutender Kostenfaktor. In tausenden Großküchen sind Abzugshauben und Lüftungsdecken mit veralteten Leuchtstoffröhren installiert“, weiß Reven-Sprecher Vitali Lai. Er fügt hinzu: „Das sind wahre Stromfresser!“ Das Unternehmen rät daher zum Austausch gegen moderne LED-Leuchten. Der Wechsel soll sich binnen zwei bis zweieinhalb Jahren amortisieren, da die Stromaufnahme um 50 bis 70 Prozent schrumpfe. Vitali Lai erklärt: „Bei einer großen Lüftungsdecke mit einigen hundert Quadratmetern Fläche sind jährliche Stromkosteneinsparungen bis zu 20.000 Euro möglich!“ Nicht zuletzt wirke es sich positiv auf die Gesundheit der Mitarbeiter aus, am Arbeitsplatz für ausreichende und angenehme Lichtverhältnisse zu sorgen: Die Arbeitsstättenverordnung schreibt für Küchen eine Lichtstärke von mindestens 500 Lux vor.
Ob aus Gründen des Gesundheitsschutzes, zur Kostenreduktion oder mit dem Anspruch, den CO2-Fußabdruck zu verringern: Ziel einer modernen Lüftungsanlage in Großküchen sollte immer sein, bestmögliche Ergebnisse mit der geringstmöglichen Abluftmenge zu erreichen. „Das neue Gebäudeenergiegesetz verpflichtet uns zum energiesparenden Planen und Bauen“, unterstreicht Christian Meissner und betont: „Gleichzeitig sollte die Gesundheit der Mitarbeiter für alle Beteiligten oberste Priorität haben: In Büros sind gesundheitsförderliche Arbeitsplätze längst selbstverständlich. Die Mitarbeiter in der Küche verdienen dieselbe Fürsorge und Wertschätzung.“