Ralf Lang

27 Oktober, 2020

Rational: Handlungsspielraum in der Krise

Ungewohnte Zahlen beim Branchenprimus Rational: Nach 21 Prozent Umsatzrückgang im dritten Quartal 2020 im Vergleich zum Vorjahr entsteht ein Minus von 24 Prozent nach neun Monaten. Dennoch erzielte der Hersteller eine EBIT-Marge von 14 Prozent nach neun Monaten und 22 Prozent im dritten Quartal. Da keine sonst üblichen positiven Jahresendeffekte erwartet werden, herrscht auch in Landsberg weiterhin große Unsicherheit.

Die Rational AG erzielte im dritten Quartal 2020 Umsatzerlöse von 168,2 Millionen Euro und damit 21 Prozent weniger als im Vorjahresvergleichsquartal mit 213,2 Millionen Euro. Im Vergleich zum zweiten Quartal des abgelaufenen Geschäftsjahres konnten die Umsätze aber signifikant gesteigert werden. „Gründe hierfür sind die gelockerten Corona-Einschränkungen in vielen Märkten, die positive Entwicklung des Sommergeschäfts bei vielen unserer Kunden und nicht zuletzt die Einführung der neuen Produktgenerationen iVario und iCombi, erläutert der Vorstandsvorsitzende Peter Stadelmann.

Nach neun Monaten resultierten daraus Umsatzerlöse von insgesamt 466,3 Millionen Euro und damit ein Umsatzrückgang von 24 Prozent im Vorjahresvergleich. In Lateinamerika schrumpften in den ersten neun Monaten die Umsatzerlöse um 48 Prozent, in Nordamerika um 29 Prozent. Am besten steht nach neun Monaten Asien da: Dort lagen die Umsätze um 16 Prozent unter Vorjahr. Europa unterbot das Vorjahr um 23 Prozent und der Heimatmarkt Deutschland um 19 Prozent. Die Produktgruppe iVario war insgesamt etwas weniger stark betroffen und schrumpfte um 17 Prozent, während bei den Combi-Dämpfern die Umsatzerlöse um 25 Prozent unter Vorjahr lagen.

Verbesserter Rohertrag

„Als Konsequenz der deutlichen Umsatzverbesserung im dritten Quartal, einer verbesserten Rohertragsmarge und konsequenten Einsparungen bei den operativen Kosten, konnten wir im dritten Quartal die EBIT-Marge im Vergleich zum ersten Halbjahr signifikant und etwas stärker als erwartet auf 21,9 Prozent verbessern“, berichtet Stadelmann.

Die Rohertragsmarge wurde nach dem deutlichen Einbruch auf 52,6 Prozent im zweiten Quartal wieder auf 55,9 Prozent im dritten Quartal gesteigert. Bei den operativen Kosten konnte insbesondere in den Bereichen Vertrieb und Service deutliche Einsparungen bei Messen, Reisekosten und Personalkosten realisiert werden. Das EBIT lag im dritten Quartal bei 36,8 Millionen Euro.

Nach neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres lag das EBIT bei 64,4 Millionen Euro und damit um 60 Prozent unter Vorjahr. Die EBIT-Marge erreichte 13,8 Prozent nach 26 Prozent im Vorjahr. Bereinigt um Währungseffekte lag die EBIT-Marge nach neun Monaten bei 15,7 Prozent.

Keine positiven Jahresendeffekte erwartet

Trotz des positiven Trends der letzten Monate und des sich stabilisierenden Geschäfts bleibt Rational in der Vorausschau vorsichtig. „In einem normalen wirtschaftlichen Umfeld würden wir ein höheres Umsatzniveau im vierten Quartal erwarten. Dies wird getrieben durch die Anreizsysteme für unsere Händler und Vertriebsmitarbeiter und dadurch, dass viele Kunden unterjährig aufgesparte Budgets noch zum Jahresende für Investitionen nutzen“, erklärt der Vorstandschef. Diese positiven Effekte erwartet er in diesem Jahr zumindest nicht, da Budgets vielfach eingefroren wurden bzw. vereinbarte Vertriebsziele nicht mehr erreichbar sind.

Zudem bleibt der Zeithorizont der Pandemie und noch folgenschwerer derjenige der Gegenmaßnahmen unbekannt. In der Herbst- und Wintersaison wird in Europa und Nordamerika das Außengeschäft für die Gastronomie wegfallen oder deutlich reduziert. Bei anhaltenden Einschränkungen der Platzbelegung und umfangreichen Hygienemaßnahmen sowie drohenden Verschärfungen der Maßnahmen, die in vielen Ländern angekündigt oder bereits eingeführt wurden, sind dies wesentliche Unsicherheitsfaktoren für das vierte Quartal 2020.

Langfristiger Ausblick bleibt positiv

Vorhersagen für die künftige Entwicklung sind aus den beschriebenen Gründen mit großer Unsicherheit behaftet. „Eine seriöse Prognose zur weiteren Entwicklung des aktuellen Jahres und damit auch des gesamten Geschäftsjahres 2020 ist jetzt, wo vielerorts strengere Maßnahmen angeordnet werden, nicht möglich“, sagt Stadelmann. Das Potenzial für die Produkte des Hersteller sei kurzfristig durch die Krise leicht reduziert worden, bleibe aber nach Einschätzung des Vorstandschefs hoch. „Auch wenn Menschen nicht mehr so viel im Restaurant, dem Flugzeug oder in der Firmenkantine essen, so werden Sie doch weiter hungrig sein. Sie werden sich stattdessen etwas liefern lassen oder unterwegs etwas Warmes mitnehmen. Die Nachfrage bleibt - Ort und Art der Verpflegung ändern sich“, erklärt Stadelmann.

Die Krise wird Anforderungen der Profiküche an Hygiene und Effizienz steigern und den Technologien von Rational einen noch stärkeren Wettbewerbsvorteil bringen, der Fachkräftemangel in der Küche wird sich weiter verschärfen. Der Einsatz vielseitiger, intelligenter und effizienter Gartechnologie wird noch wichtiger werden. Einige Kundenbereiche werden von staatlichen Hilfsprogrammen profitieren. Investitionen in das Gesundheits- und Bildungswesen führen, wie nach der Finanzkrise, zu einem Nachfrageplus in der Gewerbeküchenindustrie.

Derzeit arbeitet Rational an zahlreichen Projekten, um Lerneffekte aus der Krise mitzunehmen und die Effizienz der Prozesse zu steigern. „Unsere konservative Art, das Geschäft zu betreiben und zu führen, garantiert uns in der Krise Handlungsspielraum und -hoheit. Nicht alle unsere Wettbewerber haben diese vorteilshafte Ausgangslage", ist Stadelmann optimistisch.

rl