Sören Nolte

04 Oktober, 2021

Orderbird / Getränke-Index: „Kaum Gewinner“

Ob Bar, Restaurant oder Café – die letzten eineinhalb Jahre haben die Gastrobranche an ihre Grenzen gebracht. Anhand des erfassten Getränkeumsatzes hat Orderbird genau analysiert, wie sich die Pandemie und Lockdowns in bestimmten Zeiträumen auf die Gastronomie ausgewirkt haben.

„Wahre Gewinner hat es in der Gastronomie während der Pandemie wohl kaum gegeben“, stellt der Digitalkassen- und Softwareanbieter Orderbird zunächst fest. Nach fast zwei Jahren Covid-19 werde aber deutlich, dass einige Betriebe besser durch die harten Zeiten gekommen seien als andere. Wer sich schneller erholte und aus welchen Gründen, sind die Kernfragen der Analyse.

Welche verheerenden Auswirkungen die Corona-bedingten Einschränkungen auf die gesamte Branche hatten, wird besonders beim Blick auf den Getränke-Umsatzrückgang aller gastronomischen Betriebe während des ersten Lockdowns im April 2020 deutlich. Denn verglichen mit dem Corona-freien April in 2019 wurde in diesem Monat durchschnittlich 90 Prozent weniger Umsatz mit Getränke erzielt.

Der zweite Lockdown, der sich von November 2020 bis Mai 2021 erstreckte und bei dem der Getränkeumsatz durchschnittlich auf 86 Prozent zurückging, war aufgrund seiner Dauer „sogar noch verheerender für die Gastronomie“, heißt es in der Analyse. So waren im Januar 2021 47 Prozent der Cafés, 60 Prozent der Restaurants und fast 92 Prozent der Bars geschlossen.

Ohne To-go-Angebote kaum Umsatz

Warum allerdings weitaus weniger Cafés als Bars und Restaurants geschlossen hatten, lasse sich damit erklären, dass viele Kaffeehäuser aufgrund der bereits etablierten To-go-Möglichkeit weiterhin Getränke verkaufen konnten. „Damit lagen sie klar im Vorteil und konnten in diesem Monat mit nur 75 Prozent Verlusten aufwarten“, heißt es dazu. Anders sah es hingegen bei den Restaurants aus. Sie mussten sich mit digitalen sowie logistischen Lösungen für eigene Liefer- und Take-away-Strategien ganz neu aufstellen und verzeichneten einen Getränke-Umsatzrückgang von beinahe 91 Prozent.

Mit am schlimmsten waren Bars von den Lockdowns betroffen. Da ihr gesamtes Unternehmenskonzept auf den Ausschank und das gesellige Miteinander ausgelegt ist, war es während dieser Zeit fast unmöglich, dort Umsätze zu generieren. Die Betreiber verzeichneten Umsatzeinbußen von 96 Prozent im Vergleich zum Januar 2019. Übertroffen wurden sie nur noch von den Clubs, die aufgrund der kompletten Schließungen mit einem vollständigen Umsatzrückgang am Stärksten von der Pandemie betroffen waren.

Geographische Unterschiede

Der Blick auf die Deutschlandkarte zeigt, dass es beim Getränkeumsatz teils gravierende geographische Unterschiede während der Pandemie gab. So hatten Gastronomen einiger Großstädte etwas mehr zu kämpfen als andere: Am härtesten getroffen hat es hierbei Stuttgart. Die Baden-Württembergische Hauptstadt erfuhr in der ersten Jahreshälfte von 2021 einen Getränke-Umsatzverlust von 72 Prozent, verglichen zum Corona-freien ersten Halbjahr 2019. Doch auch der durchschnittliche Getränkeumsatz in anderen Städten sank 2021 dramatisch. So erlitten Gastronomen in Hamburg in dieser Zeit einen Getränke-Umsatzeinbruch von 61 Prozent, während er in Berlin um 58 Prozent sank.

Am glimpflichsten hat es im Großstadtvergleich noch die Münchner Gastronomie getroffen. Von Januar bis Juni 2021 verzeichnete sie einen vergleichsweise gemäßigten Rückgang von rund 44 Prozent und erholte sich von allen Großstädten somit am schnellsten. Doch warum waren einige Städte von größeren Umsatzeinbrüchen betroffen als andere? Als Grund für das starke Gefälle in den untersuchten Metropolen werden in der Analyse die unterschiedlichen Handhabungen der politischen Verordnungen in den einzelnen Bundesländern genannt. Zudem könne ein anderer Verteilungsschlüssel der jeweiligen gastronomischen Segmente oder der Aus- und Inlandstourismus ausschlaggebend gewesen sein.

Mit dem Restart steigen die Umsätze

Im Sommer konnte die Gastronomie in Deutschland –mit Beschränkungen – wieder für Gäste öffnen. „Es ist daher nicht verwunderlich, dass mit den Wiedereröffnungen in den letzten Monaten auch wieder mehr Getränke konsumiert werden“, betont Orderbird. Restaurants und Bars schafften es im August 2020 sogar, die Getränkeumsätze im Vergleich zum August 2019 zu übertreffen: Mit acht Prozent mehr Umsatz bei den Bars und vier Prozent mehr Umsatz bei den Restaurants. Zwar konnten diese Spitzenwerte in 2021 nicht erneut erzielt werden, doch der August mache zumindest durch positive Tendenzen in allen gastronomischen Bereichen Mut. So hat es der Getränkeumsatz im August 2021 bei den Restaurants bereits auf 94 Prozent im Vergleich zum August 2019 geschafft; Bars erreichten im August 2021 ein ähnliches Niveau und Cafés sogar knapp 95 Prozent des Umsatzes vor der Pandemie.

„Limitierte Raumnutzungskapazitäten aufgrund von Hygienevorschriften sowie eingeschränkter Zugang zu den gastronomischen Betrieben durch 3G- und 2G-Regelungen tragen auch weiterhin dazu bei, dass die Umsatzzahlen noch nicht das Niveau der Vergleichszeiträume aus dem Jahre 2019 erreicht haben“, stellt Orderbird fest. Trotzdem werde deutlich, dass es in der Gastronomie langsam wieder bergauf gehe. Interessant bleibe zu sehen, was passiert, wenn die Saison für die Außengastronomie im Herbst endgültig endet.

Positiver Ausblick

Trotz der schwierigen Monate blicken Gastronomen laut einer Erhebung von Juni positiv in die Zukunft: Demnach schätzten 44 Prozent der Befragten ihre Zukunftschancen als sehr gut oder gut ein – eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Vorjahr, als nur rund ein Viertel (26 %) davon ausgingen, die Corona-Krise sehr gut oder gut bewältigen zu können.

Für die Analyse wurden anonymisierte Daten zum Getränkeumsatz von 8.400 gastronomischen Betrieben der D-A-CH-Region, die Kassensysteme von Orderbird nutzen, ausgewertet.