Julia Breil

22 Dezember, 2023

BÖLW / Öko-Institut / Ecologic Institut: Klimastrategien wirkungsvoll umsetzen

Um einen Wandel des Ernährungssystems hin zu mehr Nachhaltigkeit zu erzielen, sind die drei Faktoren pflanzenbasierte Ernährung, Regionalität und Ökologische Landwirtschaft von zentraler Bedeutung. Wie deren Umsetzung nicht nur alltagstauglich, sondern auch ethisch verantwortungsvoll und wirtschaftlich tragfähig gelingt, hat ein Forschungsteam im Auftrag des Umweltbundesamtes untersucht.

Damit eine nachhaltige Transformation des Ernährungssystems zum Schutz des Klimas gelingen kann, müssen wissenschaftlichen Studien zufolge drei Klimastrategien miteinander im Einklang sein: Eine pflanzenbetonte Ernährung, eine ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft sowie regionale Wertschöpfungsketten. Nur so könnten Synergien effizient genutzt und Zielkonflikte vermieden werden, erklärt ein Forschungsteam aus Öko-Institut, Ecologic Institut und Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW).

Maßnahmenvorschläge für die Politik

Im Auftrag des Umweltbundesamtes untersuchte das Forschungsteam daher, wie die genannten Klimastrategien umweltfreundlich, gesundheitsfördernd, alltagstauglich, ethisch verantwortungsvoll, sozial gerecht und wirtschaftlich tragfähig umgesetzt werden können. Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen schlagen die Experten Maßnahmen und Politikinstrumente vor, die in die Ernährungsstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) eingehen können. Die Erarbeitung der Ernährungsstrategie steht seit diesem Jahr auf der Agenda des BMEL.

Attraktive Angebot in der GV und im Einzelhandel

Als der „wirkungsvollste Hebel“ für das Gelingen der Ernährungstransformation erachtet das Forschungsteam die politische Förderung einer verstärkt pflanzenbasierten Ernährung mit mehr Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen. „Politische Maßnahmen können dazu beitragen, dass wir mehr Gemüse und pflanzenbasierte statt tierischer Lebensmittel auf unsere Teller legen“, zeigt sich Julia Jägle, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Ecologic Institut, überzeugt.

Sie fordert von der Politik: „Um es Konsumentinnen und Konsumenten möglichst einfach zu machen, pflanzenbetonte Lebensmittel und Speisen zu wählen, braucht es zum Beispiel attraktive Angebote im Einzelhandel und in der Gemeinschaftsverpflegung sowie einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für alle pflanzlichen Nahrungsmittel.“

Verpflegungsverantwortliche fördern und weiterbilden

Auch die betriebliche Aus- und Weiterbildung sollte den Experten zufolge so gestaltet werden, dass Köche und Verpflegungsverantwortliche attraktive Speisen- und Lebensmittelangebote mit mehr Gemüse, Nüssen oder Hülsenfrüchten bereitstellen können. Hilfreich sei nach Einschätzung des Forschungsteams zudem, eine gemeinnützige Organisation für die Stärkung einer pflanzenbetonten Ernährung zu etablieren, die für die Vernetzung aller Akteure sorgt.

Umweltleistungen in der Landwirtschaft verbessern

Einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leistet Studien zufolge auch der Ökologische Landbau mit positivem Einfluss auf Böden, Gewässer und die biologische Vielfalt. „Aus diesem Grund sollte die Bio-Lebensmittelwirtschaft weiter konsequent gefördert werden und Forschungsaktivitäten gezielt auf eine Verbesserung ihrer Umweltleistungen, etwa für die Boden- und Pflanzengesundheit oder das Tierwohl, hinwirken“, betont Friedhelm von Mering, Referent für Politik beim Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft.

Dabei müsse neben der Landwirtschaft auch die Lebensmittelverarbeitung berücksichtigt werden, hebt das Forschungsteam hervor. Weitere Maßnahmenvorschläge im Bereich ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft ziele auf eine Ausbildungsoffensive ökologische Landwirtschaft, den Wissenstransfer an Praktiker, mehr Bio in der Gemeinschaftsverpflegung oder die Weiterentwicklung von Züchtungsstrategien für Pflanzen und Tiere ab.

Kurze Wertschöpfungsketten

Der dritte Faktor für den Wandel des Ernährungssystems hin zu mehr Nachhaltigkeit sehen die Experten in kurzen Wertschöpfungsketten für Lebensmittel. So werde der Anbau kleinteiliger und vielfältiger, die Wertschöpfung bleibe in der Region und das schaffe Vertrauen und Wertschätzung für die Nahrungsmittelproduktion vor Ort. Ein weiterer Vorteil dieser Klimastrategie liege in einer steigenden Krisensicherheit aufgrund eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen regionalen und überregionalen Strukturen.

Laut dem Forschungsteam sollte die politische Förderung regionaler Wertschöpfungsketten aber nicht pauschal erfolgen. Vielmehr sollte diese an ökologische oder soziale Bedingungen geknüpft werden. Das könnten der Erhalt alter Sorten oder Tierrassen sein oder auch die ökologische Produktion oder die Pflege von Kulturlandschaften. Gelingen könne dies auf Rat der Experten durch ein Rettungsprogramm für regionale Lebensmittel-Verarbeitungsbetriebe wie Bäckereien oder Molkereien mit gezielter Förderung und Entbürokratisierung. Aber auch durch die flächendeckende Einrichtung und Finanzierung von Vernetzungsstellen für den Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten.

Weitere Informationen rund um die Forschungsarbeit finden sich unter https://www.oeko.de/publikation/die-oekologische-land-und-lebensmittelwirtschaft-als-hebel-zur-transformation-des-ernaehrungssystems