Ralf Lang

18 Juni, 2024

Orderbird / Gastro-Stimmungsbarometer: Gastronomie steht vor großen Herausforderungen

Nach der ersten Erhebung im Jahr 2020 hat der Kassenanbieter Orderbird erneut eine Umfrage unter deutschen Gastronomen zur aktuellen Branchenstimmung durchgeführt. Die Umfrage verdeutlicht, dass die Gastronomiebranche mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert ist.

Dass in der deutschen Wirtschaft und im Gastgewerbe außerhalb der EM-Spielorte derzeit keine gute Stimmung herrscht, ist allgemein bekannt – viele Umfragen bestätigen dies und viele Medien haben in den vergangenen Monaten darüber berichtet. Nun hat der Kassenanbieter Orderbird in einem Gastro-Stimmungsbarometer zwischen Ende April bis Anfang Mai ermittelt, dass die Gastronomiebranche weiterhin mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert ist, darunter Personalmangel, Inflation und die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Die vorherrschende Stimmung ist demnach aufgrund von Preissteigerungen, drohenden Betriebsschließungen und einem Rückgang der Gästezahlen tendenziell negativ.

Finanzielle Situation und Gewinne

Dabei hat das Unternehmen nachgefragt, wie die Situation in einigen Bereichen im Detail aussieht, beispielsweise bei Umsätzen und Gewinnen. Laut Umfrage sehen derzeit fast die Hälfte der Befragten (47 %) ihre finanzielle Situation schlechter als vor vier Jahren bewertet, während ein Drittel (32 %) eine Verbesserung sieht und fast ein Fünftel (19 %) diese als gleich betrachtet. Aus diesem Grund haben viele Gastronomen ihr Angebot anpassen müssen, um wirtschaftlich zu bleiben: Eine Reduktion der Speisekarte (38 %) und Umstellung der Speisen auf weniger aufwändige Gerichte (32 %), gefolgt von der Ausweitung des Angebots auf Produkte mit höheren Gewinnmargen, wie beispielsweise Getränke (27 %) sind die häufigsten Maßnahmen. Wenig überraschend ist es, dass 87 Prozent der Gastronomen in den letzten Jahren die Preise erhöht haben. Um Kosten zu reduzieren, wird größtenteils bei Instandhaltungen und Werbekosten (33 %) gespart.

Problem Kostensteigerung

Steigende Kosten sehen Gastronomen generell als große Herausforderung. Dazu zählen die Kosten für Personal (74 %), Lebensmittel (71 %) oder Betriebskosten (69 %). Weitere Herausforderungen sind für 62 Prozent der Personalmangel und für mehr als die Hälfte der Befragten (57 %) ausbleibende Gäste. Dabei hat insbesondere die Mehrwertsteuererhöhung dazu beigetragen, dass die Stimmung negativ ist. So sind zwei Drittel (65 %) der Befragten der Meinung, dass die Mehrwertsteuererhöhung den Kostendruck auf die Betriebe erhöht.

Doch was wird hier die Zukunft bringen? Laut Umfrage gehen die befragten Gastronomen davon aus, dass sich die Branche insofern verändern wird, als dass die Preise weiter steigen (78 %), Betriebe schließen (75 %) und Gäste weniger gastronomische Einrichtungen besuchen werden (62 %). Zudem leiden dieses Mal auch die Gäste: Ausgelöst durch die Mehrwertsteueranpassung erwarten 79 Prozent der Betreiber Preiserhöhungen und knapp zwei Drittel (74 %) haben ihre Preise bereits angehoben. Neben Anpassungen der Preise haben 46 Prozent der Befragten die Speisekarte überarbeitet und 28 Prozent geplante Innovationen verschoben.

Personalmangel im Fokus

Laut Gastro-Stimmungsbarometers 2024 bleibt vor allem der Personalmangel eine zentrale Herausforderung, ähnlich wie im Jahr 2020. Über die Hälfte der Befragten sind davon betroffen, insbesondere Restaurants (62 %). Zuwanderung könnte eine Möglichkeit sein, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. 45 Prozent der Befragten sehen darin eine klare Chance, wobei 28 Prozent skeptisch sind. 60 Prozent beschäftigen bereits internationale Mitarbeiter. Mehr als jeder dritte Betrieb hat bis zu 20 Prozent internationale Mitarbeiter und mehr als jedes sechste Unternehmen hat einen Anteil an internationalen Mitarbeitern von mehr als 81 Prozent.

Doch was sind die konkreten Herausforderungen, die durch Personalmangel entstehen? Über die Hälfte der Befragten (52 %) sehen eine Überlastung des bestehenden Personals als gravierendstes Problem an, gefolgt von schlechter Servicequalität (42 %) und Umsatzverlust durch reduzierte Kapazität (40 %).

Digitale Investitionen

Die Studienmacher haben auch nach Lösungsmöglichkeiten für die genannten Herausforderungen gefragt. So spielen digitale Zahlungsmethoden und eine Online-Präsenz – wie schon bei der letzten Umfrage 2020 – eine zunehmend wichtige Rolle: Kartenzahlung nimmt einen immer wichtigeren Stellenwert ein und wird von mittlerweile 85 Prozent der befragten Gastronomiebetreiber angeboten, 2020 waren es noch 80 Prozent. Die Hälfte (50 %) ermöglicht digitale Zahlungen über das Handy. Eine eigene Website (61 %) und Gutscheinverkäufe (52 %) haben sich ebenfalls etabliert.

Bei den geplanten Innovationen für die nächsten sechs Monate befinden sich kundenorientierte Tools auf den vorderen Plätzen: Von den 14 wichtigsten digitalen Lösungen steht eine eigene Website (13 %) auf Platz eins. Online-Reservierungen und digitale Speisekarten (9 %) teilen sich den zweiten Platz. Wobei mehr als die Hälfte (56 %) keine oder keine konkreten Investitionen geplant haben. Social Media bleibt ein wichtiger Kommunikationskanal: 88 Prozent der Gastronomen nutzen Instagram, dicht gefolgt von Facebook mit 82 Prozent. Lediglich 5 Prozent nutzen wiederum gar keine sozialen Medien.

Keine alleinige Lösung

Beim Stimmungsbarometer 2020 war die Digitalisierung ein entscheidender Faktor: Betriebe mit digitalen Softwarelösungen blickten optimistischer in die Zukunft und kommen durch einen höheren Umsatz besser durch die Krise. Auch wenn 18 Prozent bei der diesjährigen Umfrage meinen, ein erhöhter Einsatz digitaler Technologien, wie beispielsweise das Funkbonieren oder Online-Reservierungssysteme, könne helfen, die Probleme zu beseitigen, so sehen die Befragten in den digitalen Tools diesmal keine alleinige Lösung zum Meistern der unterschiedlichen Herausforderungen.

Betont wird vielmehr, dass die Probleme derzeit zu groß und zu viele seien, damit Gastronomen sie alle in die eigenen Hände nehmen könnten. Helfen müsse jetzt hauptsächlich der Staat. So wünschen sich 44 Prozent finanzielle Unterstützungsmaßnahmen, beispielsweise Subventionen oder staatliche Hilfsprogramme. Und 42 Prozent hoffen auf politische Maßnahmen zur Entlastung, wie zum Beispiel durch Unterstützung bei der gesetzlichen Regelung von Pacht- und Mietreduktionen oder Engagement in Branchenverbänden.

Über die Studienteilnehmer
Untersucht wurden von Orderbird im Zeitraum vom 25. April bis 8. Mai 2024 insgesamt 602 Gastronomiebetreiber in Deutschland. Basis der Umfrage sind Betreiber von Restaurants (49 %), Cafés (33 %), Bars (18 %) und sonstigen gastronomischen Betrieben (30 %). Knapp zwei Drittel (60 %) der Teilnehmer beschäftigen maximal sieben Mitarbeiter. 61 Prozent der Gastronomen sind Männer und 34 Prozent Frauen. Der Großteil der Befragten ist zwischen 35 und 54 Jahre alt (56 %). Knapp drei Viertel (73 %) bezeichnen sich als „Vollblutgastronomen“, und gut zwei Drittel (69 %) führen ihren Betrieb seit mindestens vier Jahren. Dabei erwirtschaften 37 Prozent der Betriebe einen Umsatz zwischen 200.000 und 500.000 Euro, während 45 Prozent darunter und 17 Prozent über 500.000 Euro liegen. Restaurants erzielen dabei höhere Umsätze als Bars und Cafés.

Quelle & Grafiken: Oderbird (3)