Inwieweit ausländische Arbeitskräfte die deutsche Gastronomielandschaft unterstützen und stärken können, zeigt eine aktuelle Studie des IAO im Auftrag der Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG). Doch es gibt auch Hürden.
Als „wichtigster Integrationsmotor“ in Deutschland ist das Gastgewerbe besonders geeignet für ausländische Arbeitskräfte. Das ist das Ergebnis der aktuellen Studie „Integrationsmotor 360° Gastwelt“ des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) im Auftrag der DZG. Mehr noch: Wenn die Eingliederung von Menschen aus dem Ausland in den Arbeitsmarkt schnell und unkompliziert gelinge, stärke sie dauerhaft das Sozialsystem und sichere den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Denn aktuell braucht die Bundesrepublik laut der Bundesagentur für Arbeit mehr als 400.000 Einwanderer, um dem derzeitigen und zukünftigen Fach- und Arbeitskräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken – neben weiteren Maßnahmen.
„Mit Jedem, den wir in eine Beschäftigung bringen, entlasten wir die Sozialsysteme und stärken unsere Volkswirtschaft. Ihr besonderes Augenmerk sollte die Politik daher auf die spezifischen Bedürfnisse der Gastwelt richten, die in Sachen Integration besonders effektiv unterwegs ist“, betont Vanessa Borkmann, Leiterin des Forschungsbereichs „Stadtsystem-Gestaltung“ am Fraunhofer IAO und Autorin der Studie.
Doch dafür braucht es den Expertinnen des IAO zufolge vor allem eines: Bürokratieabbau und mehr politische Unterstützung. Es müsse demnach schneller und einfacher als bisher möglich sein, Migranten in den hiesigen Arbeitsmarkt einzubinden. Aufgabe der Politik sei es, Betriebe bei der Anerkennung ausländischer Qualifikationen und der Behebung bestehender Sprachbarrieren gezielt vor Ort zu unterstützen.
So werden im Ausland erworbene Qualifikationen häufig nicht oder erst mit langen Verzögerungen anerkannt. Diese raubten Arbeitgebern nicht nur Zeit und Geld, sondern kosten letztlich auch den Fiskus Steuereinnahmen in beachtlicher Höhe, stellt die Studie heraus: Bei einer Verzögerung von sechs Monaten, in denen eine Arbeitskraft ein monatliches Bruttogehalt von 2.800 Euro verdienen könnte, verliert ein Unternehmen demnach etwa 16.800 Euro an Produktivität. Falls die betreffende Person stattdessen sechs Monate Arbeitslosengeld bezieht, entstünden weitere Pro-Kopf-Kosten von mindestens 7.200 Euro für den Staat.
Darüber hinaus brauche es den Experten des Fraunhofer-Instituts zufolge bezahlte berufsorientierte Sprachförderprogramme, Weiterbildungs- und Beratungsangebote sowie Hilfestellung für Zuwanderer bei der Navigation durch Behörden und bei ausländerrechtlichen Fragen. Wichtig für die Betriebe des Gastgewerbes wäre außerdem eine Reform des Arbeitszeitgesetzes, die es den Betrieben ermöglichen würde, Teilzeit- und Schichtmodelle umzusetzen – eine Möglichkeit, die helfen könnte, weitere Arbeitskräfte zu mobilisieren.
DZG-Vorstandschef Marcel Klinge betont: „Wir brauchen mehr qualifizierte Zuwanderung, um den Wohlstand in unserer immer älter werdenden Gesellschaft dauerhaft zu sichern. Aber wir wissen diesen Hebel aktuell noch nicht richtig zu nutzen.“ Würde die Bundesregierung Menschen aus dem Ausland deutlich schneller und effektiver integrieren, könnten diese der Volkswirtschaft zusätzliches Wachstum und dem Staat dringend benötige Steuereinnahmen einbringen, ist Klinge überzeugt.
Um jedoch die in Deutschland herrschende Personallücke im Dienstleistungssektor vollständig zu schließen, brauche es mehr als die Anwerbung und Integration ausländischer Arbeitskräfte, macht die Studie außerdem deutlich. Vielmehr müssten die Betriebe insgesamt wirtschaftspolitisch stabilisiert und unterstützt werden. So könnte sich nach Einschätzung des Fraunhofer IAO der Fachkräftemangel mit dem Rückzug der Babyboomer aus dem Arbeitsmarkt bis Anfang der 2030er-Jahre auf bis zu 600.000 fehlende Beschäftigte erhöhen. Hierzu müssten auch Geflüchtete und Zuwanderer schnell und effizient eingebunden werden.
DZG-Vorstandschef Marcel Klinge macht sich daher für eine systematische Integration stark, wie sie in Ländern stattfinde, die mit Deutschland im internationalen Wettbewerb um Arbeitskräfte stehen und die für Migranten als attraktivere Gastländer gelten. Dazu zählen laut IAO beispielsweise Österreich oder Kanada, die beide jeweils ein Integrationsjahr für Geflüchtete anbieten. „Unsere österreichischen Nachbarn wissen um die Bedeutung der Aufgabe: Sie haben, um Sprachkurse und Arbeitsmarktintegration zu finanzieren, eigens einen Integrationsfonds aufgelegt. Diesen sollten wir in ähnlicher Form auch in Deutschland einführen. Die staatlichen Mittel dafür wären am Ende eine gute Investition“, bekräftigt der DZG-Vorstandschef.
Die 2021 gegründete Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG) vernetzt Politik, Verbände und hochkarätige Vertreter aller Wertschöpfungssektoren der Tourismus-, Hospitality- und Foodservice-Industrie. Der interdisziplinäre Thinktank kümmert sich inhaltlich vor allem um strategische Zukunftsthemen – wie Mitarbeitergewinnung, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Ernährungswende – und entwickelt praxisnahe Maßnahmen zur effektiveren Krisen-Bewältigung.