Uwe Ladwig ist Inhaber der Unternehmensberatung F & B Support. Der gelernte Konditor, Küchenmeister und Experte für Kalkulation und Preisentwicklung unterstützt Gastronomen in betriebswirtschaftlichen Themen. (Foto: Uwe Ladwig)
Die steigenden Preise für Lebensmittel und Energie angesichts des Ukraine-Kriegs und der damit zusammenhängenden Inflation sind für Gastronomen die zweite große Herausforderung nach der Corona-Pandemie. Umso mehr ist es für bestehende Betriebe und Existenzgründer wichtig, die betriebswirtschaftlichen Kosten genau unter die Lupe zu nehmen. Das betrifft insbesondere die Speisen- und Getränkekalkulation, die das Bestehen und Überleben des Gastronomiebetriebes bedeuten kann.
„Nach Kriegsende 1945 stellten die Wareneinsätze die höchsten Kosten in einem Gastronomiebetrieb dar. Daher war es übliche Praxis, die Wareneinsatzkosten mal drei oder vier zu nehmen, um den Preis eines Gerichtes zu kalkulieren“, weiß Uwe Ladwig, Konditor, Koch und Küchenmeister sowie Fachbuchautor, Dozent und Inhaber von F & B Support in Willich. Diese Art zu rechnen, sei jedoch nicht mehr zeitgemäß, obwohl viele IHKs, Berufsschulen und auch Hotelfachschulen die veraltete Aufschlagskalkulation noch lehrten, betont er. „Doch sinnvoller ist es, mit jedem Gericht das fast gleiche Geld, den fast gleichen Deckungsbetrag, der sich durch Umsatz netto minus Wareneinsatz netto errechnet, zu verdienen“, erklärt Ladwig.
Ein Rechenbeispiel, wie man Speisen mit Deckungsbeitrag kalkuliert, führt der Experte für Kalkulation und Preisentwicklung vor: „In einem Betrieb hat die Riesen-Currywurst 180 Gramm Wurst mit Pommes und Krautsalat – einen Wareneinsatz von 2,00 Euro netto, einen Deckungsbeitrag von 7,16 Euro netto sowie einen Bruttoverkaufspreis von 10,90 Euro (bei 19 Prozent Mehrwertsteuer).“ Der Durchschnittsdeckungsbeitrag, also die Differenz zwischen den erzielten Erlösen und den variablen Kosten, aller Hauptgerichte liegt in diesem Beispielbetrieb bei 8,34 Euro netto. Damit befindet sich die Currywurst mit ihrem Deckungsbeitrag um 1,18 Euro unter dem Durchschnittsdeckungsbeitrag, um die Kosten für Mitarbeiter, Pacht und Energie ausreichend auszugleichen und den Betrieb wirtschaftlich zu führen.
Der faire Preis für Gastronom und Gast würde sich daher wie folgt errechnen: Wareneinsatz Currywurst 2,00 Euro netto plus aktueller Durchschnittsdeckungsbeitrag 8,34 Euro netto, rechnet Ladwig vor. „Das ergibt einen Nettoverkaufspreis von 10,34 Euro und somit dann einen neuen Bruttoverkaufspreis von 12,30 Euro bei einem Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Jetzt kann noch ein bisschen mit dem Preis gespielt beziehungsweise variiert werden – 11,90, 12,30 oder 12,50 Euro“, erläutert der Unternehmensberater.
Er empfiehlt zudem, nach einem bis zwei Monaten eine Speisendiagnose mit Renner, Gewinner, Verlierer und Schläfer zu machen und den Durchschnittsdeckungsbeitrag neu auszuwerten. „Mit der Deckungsbeitragskalkulation verdient der Existenzgründer bei jedem Gericht dasselbe Geld. Dies ist die fairste Preispolitik für alle, weil heute die Personalkosten wesentlich höher sind als der Wareneinsatz und die weiteren Kosten wie zum Beispiel Strom, Gas und Öl steigen werden“, betont der Gastro-Trainer.
Umsicht sei auch bei der Preisgestaltung von Getränken gefragt: Nach Meinung von Uwe Ladwig ist es ein weit verbreiteter Mythos, dass der Gastronom mit den Getränken das meiste Geld verdient. „Die Gäste trinken zu wenig, um den Service ausreichend bezahlen zu können. Das wird die nächsten Jahre so bleiben, wenn keine Maßnahmen zur Erhöhung des Deckungsbeitrages bei Getränken und Serviceleistung ergriffen werden“, warnt der Experte. Er empfiehlt das Umsatzverhältnis zwischen Speisen und Getränken in Prozent zu ermitteln: „Dafür werden aus der betriebswirtschaftlichen Auswertung des Steuerberaters der Nettoumsatz Speisen, Nettoumsatz Getränke, Wareneinsatz Speisen, Wareneinsatz Getränke benötigt.“
Auch hier gelte wieder die Formel: „Umsatz netto Speisen – Wareneinsatz netto Speisen = Deckungsbetrag Speisen“, die der des Deckungsbeitrags Getränke (Umsatz netto Getränke – Wareneinsatz netto Getränke) gegenübergestellt werde. Bei einem Ergebnis bis 35 Prozent bestehe das Potenzial, durch Erhöhung der Verkaufskontakte den Getränkeanteil und die Marge zu steigern, erläutert Ladwig. Oft würden, so die Erfahrung des Betriebswirtschaftsexperten, Flaschenweine bereits mit Deckungsbeitrag (in Höhe von 20 Euro) berechnet. Bei den klassischen Getränken bestehe jedoch Nachholbedarf.
Nicht selten stellen Gastronomen bei einer Betriebsprüfung fest, dass der Steuerberater einen schriftlichen Nachweis der Speisen-, Getränke- und auch Veranstaltungskalkulation benötigt. Liegen diese nicht vor, erstellt das Finanzamt eigene Kalkulationen. Das führe, betont Uwe Ladwig, zu überhöhten Nachzahlungen. Daher zahle es sich für den Gastronomen aus, ständig seine Kalkulationen und Deckungsbeiträge präsent zu haben.